Video zum Frauentag geht ernste Fragen mit Augenzwinkern an
«Sie sehen heute fantastisch aus. Glauben Sie, das ist ein Vorteil für Ihre Karriere?» Oder: «Wie war ihr erster Arbeitstag nach der Babypause?» Oder: «Ihre Kolleginnen haben nach einem Firmenevent einen Stripper bestellt. Gehen Sie oder bleiben Sie?» Das sind Fragen, die völlig normal sind, wenn sie an eine Frau gerichtet werden. Werden Sie jedoch einem Mann gestellt, ist die Situation grotesk.
Spiel mit Vorurteilen
Darauf hat es die Headhunterin Claire Garwacki aus Zürich angelegt. Im Januar hat sie ein Video produziert, in dem Interviewsituationen nachgestellt werden. Die Interviewten sind zehn Chefs von Schweizer Unternehmen, allesamt männlich. Mitgemacht haben beispielsweise Erland Brügger und Silvan Brauen von Rivella, Severin Dressen vom Zürich Zoo, Richard Saynor von Sandoz, Andreas Schollin-Borg von Batmaid oder Fabrice Zumbrunnen von der Migros Bank und Swiss Medical Nework.
Das Resultat ist ein Video, das mit Klischees und Vorurteilen spielt. «Unabhängig vom Geschlecht, haben wir alle unbewusst vorgefasste Meinungen über Geschlechterrollen», sagt Garwicki gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Mit dem Video wolle sie «ein stärkeres Bewusstsein für diese Thematik schaffen, insbesondere im beruflichen Umfeld».
Garwacki leitet zusammen mit einer Kollegin und einem Kollegen die Zürcher Bellevue Executive Search, eine Firma die sich auf das Rekrutieren von Finanzchefinnen und Finanzchefs spezialisiert hat. Sie betreut schweizweit rund 50 Kundenfirmen aus unterschiedlichen Branchen und unterschiedlicher Grösse. Garwacki ist Mutter dreier Kinder und hat ihre eigene Unternehmung gegründet. Vor diesem Hintergrund weiss sie von den gängigen Vorurteilen, die bei der Besetzung von Führungspositionen zum Tragen kommen. Diese Erfahrungen hat sie nun einfliessen lassen in das Video.
Mit einem Lächeln nachdenken
Es sei ihr wichtig gewesen, ein humorvolles Format zu wählen. «Man soll mit einem Lächeln zum Denken angeregt werden», sagt sie. Was die Reaktionen der Chefs im Video anbetrifft, hat sie dieses Ziel übertroffen. Denn immer wieder lächeln sie nicht nur, es kommt sogar ein breites Grinsen auf. Und: «Obwohl ich von mir sagen würde, dass ich grundsätzlich unvoreingenommen, offen und tolerant bin, hat das Projekt mir wieder einmal bestätigt, dass ich eben doch nicht frei bin von Schubladendenken», sagt etwa der Direktor des Zürcher Zoos Severin Dressen. Das bringe ihn schon ins Grübeln. «Und es zeigt, wie viel Arbeit noch vor uns liegt», so Dressen.
Die Reaktion der Chefs ist bemerkenswert. Etwa zur Frage nach dem ersten Arbeitstag nach der Babypause antwortet der Mann im Video, er sei bei der Geburt dabei gewesen «und dann bin ich zurück an die Arbeit gegangen». Auf die Frage nach dem fantastischen Aussehen und dem Karrierevorteil kommt vom Mann ein spontanes Lachen und ein schlichtes «Nein». Das spiegelt eine Selbstsicherheit und eine Nonchalance, die auch Frau gut zu Gesicht steht.
Das Video «In her Chair» wurde am Dienstag im Hinblick auf den internationalen Frauentag veröffentlicht, beispielsweise auf YouTube.
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