240 Franken im Jahr

Kosten bald alle Veloparkplätze in Zürich? «Der Trend nimmt zu»

Nebst teurer Mieten verlangen Zürcher Liegenschaften teilweise eine monatliche Gebühr für Veloparkplätze. Reine Geldmacherei oder eine zukunftsorientierte Lösung für Velos in der Stadt? ZüriToday hat nachgefragt.

Velos sind in der Stadt Zürich ein heiss diskutiertes Thema, wie jüngst die Debatte um die neue Velovorzugsroute in Altstetten zeigte. Damit einher geht auch die Frage, wo all die Fahrräder abgestellt werden sollen. Kostenpflichtige Veloparkplätze gibt es in der Stadt (noch) wenige. Aber vor allem in neuen Liegenschaften werden solche immer öfters eingeplant, wie ein Beispiel im Kreis 3 zeigt.

Bis zu 20 Franken für einen Veloabstellplatz

«Für Velos und E-Bikes bieten wir komfortable Velogaragen-Plätze inklusive Elektroladestationen in abschliessbarem Ablagefach», schreibt die Verwaltung Sidenzia auf ihrer Webseite zur Liegenschaft Wiedikertor. Im Neubau an der Albisrieder- und Aemtlerstrasse sind bereits vor Einzug im August 2023 fast alle der 61 Hauptmietobjekte vermietet. Nebst fünf übergrossen Stellplätzen im Freien ist die Liegenschaft mit 102 Velo-Garagenplätzen für Mietende ausgestattet, schreibt eine Vertreterin von Sidenzia auf Anfrage von ZüriToday.

Pro Wohnung ist ein Veloabstellplatz im Mietzins inklusive. Bei mehr als einem Velo pro Wohnung verlangt die Verwaltung eine zusätzliche Gebühr für diese Plätze – nebst stattlichen Mietpreisen von beispielsweise 2’650 Franken für eine 1.5-Zimmerwohnung à 60 Quadratmeter. Die Abstellplätze im Untergeschoss mit Wandhalterung kosten laut Webseite 10 Franken, jene mit Bodenhalterung 15 Franken pro Monat. Für ein Schliessfach mit Batterieladeanschluss muss man einen weiteren Fünfliber lockermachen. Lastenvelos können draussen für 15 Franken im Monat deponiert werden.

Bei den gebührenpflichtigen Stellplätzen handelt es sich «nicht um einen Veloraum im herkömmlichen Sinn», wie die Vertreterin von Sidenzia schreibt, «sondern um eine veritable Velogarage mit sehr guten Zugangangsmöglichkeiten zu jedem einzelnen Velogaragenplatz». Ausserdem stehe den Mietenden und Besuchenden 50 kostenlosen Stellplätze im Freien zur Verfügung.

Der Platz hat seinen Preis

In neuen Bauprojekten wie dem Wiedikertor ist es mittlerweile üblich, dass grössere Velokeller im Parterre zur Verfügung gestellt werden müssen. «Wenn man die Bauvorgabe hat für einen Veloparkplatz, muss man dieser nachkommen», sagt Albert Leiser, Direktor des Hauseigentümerverbandes (HEV).

«Der Platz kostet. Und was kostet, hat seinen Preis», so Leiser über die kostenpflichtigen Velostellplätze. So hat sich auch das Projektteam vom Wiedikertor an die Bau-Empfehlungen der Stadt Zürich zur Veloparkierung in Wohnsiedlungen gehalten. Mit der monatlichen Stellplatz-Gebühr sollen «Veloleichen» vorgebeugt werden, also verwaiste Velos, die wertvollen Platz besetzen.

Jedes Wohnelement wird monetarisiert

Der zunehmende Platzbedarf für Velos bei baulichen Vorhaben ist auch dem Mieterverband Zürich (MVZ) bekannt. Für Walter Angst, Leiter Kommunikation des MVZ, ist die Liegenschaft in Wiedikon jedoch die Bestätigung dafür, dass heutzutage «jedes Element vom Wohnen monetarisiert» wird. Dies führe dazu, dass man überall «noch was rausholt», wie beispielsweise bei den kostenpflichtigen Veloparkplätzen. Angst redet auch von einer «Durchmonetarisierung» der Stadt.

Dass dies an einem Ort wie Wiedikon vorkommt, ist laut Angst «auch nicht zufällig». In einem «Gentrifizierungsquartier mit urbanem Publikum», wie es der Kreis 3 mittlerweile ist, «erstaunt mich das überhaupt nicht», sagt der Kommunikationsleiter. Schlagwörtern wie «Urban Living» begegnet man auch im Online-Auftritt der neuen Wiediker Liegenschaft. «Das ‹Wiedikertor› bietet stilvolles, urbanes Wohnen im ruhigen und trendigen Kreis 3», schreibt Sidenzia auf ihrer Webseite.

«Schädlich für das Umsteigeverhalten»

Ausserdem sind die gebührenpflichtigen Garagenplätze für Velos für Walter Angst auch «schädlich für das Umsteigeverhalten» der Mietenden. So erreiche man nicht, dass mehr Leute vom Auto aufs Fahrrad wechseln, wenn sie auch für die Velostellplätze noch etwas bezahlen müssen. «Das Velofahren an sich sollte man günstig halten», sagt der Kommunikationsleiter des MVZ.

Die Immobilienfirma Sidenzia ist der Ansicht, dass «mit der von uns angebotenen Qualität an Velogaragenplätzen das Umsteigen vom Auto auf das Velo erst richtig attraktiv ist». Die «perfekt ausgerüsteten» Velostellplätze seien «kein Vergleich mit den schlecht zugänglichen, überfüllten Veloräumen, wie sie noch in vielen Mehrfamilienhäusern anzutreffen sind», schreibt die Vertreterin von Sidenzia. Neben zwei obligatorischen Besucherparkplätzen stehen den Mietenden des Wiedikertors ausserdem «lediglich zwei Autoabstellplätze zur Verfügung».

Trend nimmt zu

Aufgrund der Bauvorgaben für Veloparkplätze sei HEV-Direktor Albert Leiser schon seit einigen Jahren klar, dass Gebühren für Mietende vermehrt anfallen würden. Leiser ist sich sicher, «dieser Trend nimmt zu».

Auch wenn die zunehmende Qualität von Velostellplätzen zusätzliche Kosten bedeuten – laut Walter Angst vom MVZ habe ja jeder noch die Wahl, ob man diese in Anspruch nehmen will. Zudem sei ein Abstellplatz fürs Velo mit bis zu 240 Franken im Jahr «sicher billiger als ein Autoparkplatz». Für Mietende, die sich bei den Preisen vom Wiedikertor kein Auto mehr leisten wollen, lohnt es sich wohl umso mehr, aufs Velo umzusteigen.

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Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 21. März 2023 05:54
aktualisiert: 21. März 2023 05:54