Quelle: ZüriToday / Angela Rosser / Linus Bauer

Mixology

Im Tipsy Tiger an der Zürcher Langstrasse gibts Cocktails aus dem Chemielabor

Früher reichte es, ein, zwei Schnäpse in ein Glas mit etwas Saft zu kippen – schon war der Drink fertig. Luca und sein Team zeigen, was sonst noch in einem Cocktail stecken kann und warum Chemielabor-Wissen hinter der Bar hilft.

Noch lärmen die Baumaschinen im Lokal an der Langstrasse 133 im Zürcher Kreis 4. Im oberen Stock des Tipsy Tiger schnurrt und surrt es aber bereits. Das surren kommt, zumindest wenn die Bar geschlossen ist, von einem Rotationsverdampfer. Das Hightech-Teil steht hinter dem imposanten Steintresen und zieht alle Blicke auf sich.

Wer nicht weiss, was ein Rotationsverdampfer ist, wundert sich sichtlich über den weissen Apparat mit der gelben Spirale. Der Mann, der das Gerät bedient und erklärt, heisst Luca. Luca ist 33 Jahre alt und Geschäftsführer der Lokalität.

Alles hat als Nebenjob begonnen

Die Welt hinter dem Tresen hat Luca eher per Zufall kennen und lieben gelernt. Oder besser, als Nebenjob. «Ich habe Bars immer schon sehr interessant gefunden, halt als Gast und habe dann bei einem Freund begonnen, hinter der Bar zu arbeiten». Er habe schnell gemerkt, dass das mehr seiner Passion entspreche und diese Arbeit ihm mehr Freude mache als die Arbeit im Labor - Luca ist gelernter Chemielaborant.

Anfangs sei ihm noch gar nicht wirklich bewusst gewesen, dass sein erlerntes Handwerk auch hier durchaus nützlich sein kann. «Irgendwann habe ich aber gesehen, dass es mehr gibt, als Gin Tonics und was die Menschen alles so für Cocktail-Kreationen raushauen, hat mich begeistert.»

Drinks aus dem Labor

Ein Rotationsverdampfer destilliert. Und Alkohol ist im Grundsatz auch nicht mehr, als etwas Destilliertes. «Es ermöglicht einem halt Geschmäcker herauszufiltern», so Luca. Wenn man zum Beispiel frische Minze zu Wasser hinzugibt und das durch den Rotationsverdampfer eben verdampfen, sprich destillieren lässt, erhält man klares Minzewasser.

Als Beispiel legt Luca los und versetzt Vodka in einem Glaskolben mit Matchapulver. «Es ist wie ein Tee, den wir hier machen. Wir destillieren aber lediglich die Aromen raus.» Der Kolben muss immer rotieren, daher der Name des Gerätes, lässt er uns wissen. Was dann passiert, beschreibt Luca als «Pasta-Wasser-Phänomen». Die Flüssigkeit im Kolben wird auf 55 Grad erhitzt. Von dem Gemisch steigt Dampf auf, läuft durch einen Kühler, kondensiert, wird wieder flüssig und tropft in einen Auffangbehälter. So erhält man das gewünschte klare Destillat voller Aroma - in diesem Fall: klarer Matcha-Vodka.

Bis die Destillation beendet ist, spielen mehrere Faktoren eine wichtige Rolle. Je kräftiger man die Aromenwelt haben möchte, desto länger dauert es.

Käse, Gurken und Schnapsideen

Es gibt Sachen, die sich einfach herstellen lassen und solche, die etwas schwieriger sind. «Wir haben versucht, etwas mit Blue Cheese und Birne zu machen» verrät Luca. Das habe leider aber nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt habe. Vorläufig habe man die Idee fallen gelassen. «Ich möchte aber unbedingt irgendwann so etwas in die Richtung machen», erzählt Luca und schmunzelt.

Gleichzeitig verrät er auch, wo ihm die Ideen zu neuen Kreationen kommen. «Vieles kommt einfach aus dem Leben. Die meisten Ideen, da bin ich ganz ehrlich, kommen mir beim Duschen. Oder beim Tramfahren», meint er.

Einer der Drinks, mit Gurke und Nutella, sei im Sommer am See entstanden. «Ich sass in einem Kaffee und hatte zuvor einen Gurkensalat gegessen. Irgendwie kam mir der Gedanke, dass Gurke und Schokolade sicher toll wären. Und es funktioniert grossartig», fügt er stolz an.

Cocktails als Handwerkskunst

Die Cocktail-Welt hat sich in den letzten Jahren immer wieder verändert. Das merkt auch Luca. Die ganze Bar-Welt habe einen riesigen Schritt gemacht. Der Trend gehe stark zu Spirit-basierten Drinks, also Drinks, bei denen die Spirituose im Vordergrund stehe und nicht mit etlichen Säften und Sirups überdeckt werde, so der 33-Jährige.

Dass man in diesem Beruf per se viel zu viel trinke, glaubt er nicht. Privat trinke er sowieso nicht viel Alkohol und wenn, dann eher Wein und Schaumwein. Bei Tastings und dem Kreieren einer neuen Karte gehöre das Probieren aber natürlich dazu. Auch das Kontrollieren der Cocktails, die man schickt, sei wichtig. Beim Arbeiten vertritt er aber abgesehen davon eine Null-Alkohol-Politik.

Wenn er sich für die Zukunft etwas wünschen könnte, dann, dass die Menschen das Handwerk rund um den Drink mehr zu schätzen lernen würden. «Da sind wir beim Thema Geld», meint er. Viele Gäste würden ohne mit der Wimper zu zucken 18 Franken für einen Gin Tonic bezahlen, 19 Franken für einen Cocktail aber als zu viel erachten. «Das ist wie ein Kunsthandwerk und man könnte dahingehend etwas verändern, diese Kunst etwas mehr schätzen.»

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Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 1. März 2024 21:34
aktualisiert: 15. März 2024 21:27