Gymi-Übertritt wird für Sekschüler jetzt noch härter
Der Druck, mit Top-Vornoten zur Gymiprüfung anzutraben, steigt für die Zürcher Sekschülerinnen und -schüler. Ab diesem Jahr zählen nicht wie bisher nur die Vornoten der Fächer Deutsch und Mathematik zur Hälfe für die Zentrale Aufnahmeprüfung (ZAP), sondern neu auch die Fächer Französisch, Englisch sowie Natur und Technik.
Wer knapp durchfällt, hat zudem nicht mehr die Chance, noch an der mündlichen Prüfung sein Glück zu versuchen. Diese Möglichkeit fällt weg.
«Mit einem Bein bereits im Gymi»
Anbieter von Zürcher Gymi-Vorbereitungskursen trichtern Eltern auf ihren Websites deshalb umso mehr ein, wie wichtig ihre Kurse sind, um die Prüfung zu bestehen. Eines sei sicher: Ab 2023 werde die Aufnahme an das Gymnasium deutlich schwieriger, lautet das Fazit eines Instituts zum Beispiel. Eine umfassende Vorbereitung werde deshalb immer wichtiger.
Das Institut betont, dass die Erfahrungsnote für die Prüfung genauso wichtig sei wie die Prüfungsnote. In ihren Ergänzungskursen hälfen sie Schülerinnen und Schülern, bereits frühzeitig den Grundstein für gute Zeugnisnoten zu legen. Auf diese Weise erhielten sie sehr gute Erfahrungsnoten und stünden «mit einem Bein bereits im Kurzgymnasium», so das Versprechen.
«Prüfung testet vor allem, ob Eltern Ressourcen haben»
Gymilehrer und Fachdidaktiker Philippe Wampfler übt scharfe Kritik an den neuen Voraussetzungen. «Die Gymiprüfung testet vor allem, ob Eltern die Ressourcen haben, um ihre Kinder auf das Bestehen der Prüfung vorzubereiten», sagt er zu ZüriToday. Anwärterinnen und Anwärter aus bildungsferneren und finanziell schlechter gestellten Familien hätten deshalb deutlich geringere Chancen, die Prüfung zu schaffen als andere.
Aber auch Kandidatinnen und Kandidaten, die von ihren Eltern in die sogenannten «Push-Kurse» geschickt werden, könnten ungünstige Vornoten den Weg ins Gymi erschweren. Die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler profitierten von den Vornoten auch nur dann, wenn die Sekundarlehrpersonen die Noten wohlwollend setzten, merkt Philippe Wampfler an. Er bezeichnet die Voraussetzungen als doppelte Privilegierung. «Wer im System gute Leistungen erbringt und Sympathien der Lehrpersonen aktivieren kann, wird im System offiziell bevorteilt.»
Trotz lauter Sechser Mühe bei Prüfungen
Neben der Zentralen Aufnahmeprüfung (ZAP) für das Kurzzeitgymnasium finden am 6. März auch die Aufnahmeprüfung für das Langzeitgymnasium statt. Auch diese Anwärterinnen und Anwärter treten mit Vornoten zur Prüfung an. Eine Zürcher Sechstklässlerin hat einen Zeugnisdurchschnitt von einer 6, einen Gymi-Vorbereitungskurs besucht sie nicht. Beim Lösen der Prüfungen aus den Vorjahren kämpft sie. «Die Gymiprüfung ist tough», findet sie. Das ganze Lernen auf die Prüfung sei frustrierend, löse man danach die Prüfungsserien.
Damit spricht die Gymi-Anwärterin ein Problem an, das Philippe Wampfler schon lange stört. «Die Gymiprüfung fragt keinen Schulstoff ab, sondern setzt auf ganz spezielle Aufgabenformate», sagt Wampfler. Verlangt werde immer eine Musterlösung. In den Vorbereitungskursen könne das erfolgreiche Lösen dieser Aufgabenformate gezielt trainiert werden. «Auf diese Weise gelingt es dem Kanton Zürich, den Zugang zu den Gymis künstlich zu beschränken.»
«Es braucht eine faire Prüfung»
Da die Schülerzahlen in den Zürcher Gymnasium seit einigen Jahren stark steigen, besteht zunehmend ein Platzproblem. Ein Gymivorbereitungs-Zentrum behauptet angesichts der neuen Regelungen für die Aufnahmeprüfungen etwa, dass ein Übertritt von der sechsten Klasse ins Langzeitgymnasium tendenziell erschwert werden würde. Das Zentrum begründet dies mit der stetigen Zunahme von Schülerinnen und Schülern während der letzten Jahre, die ins Gymi wollten.
Für Wampfler ist es deshalb höchste Zeit, dass das Prüfungssystem umgekrempelt wird. «Es braucht eine faire Prüfung – und keine Selektionsprüfung.»
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.