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«Ehrlich gesagt daneben» – SP beschwert sich im Kantonsrat über Zünfte

Quelle: ZüriToday / Linus Bauer

Sechseläuten

«Ehrlich gesagt daneben» – SP beschwert sich im Kantonsrat über Zünfte

Braun geschminkte Gesichter und keine Frauen in den Zünften – seit Jahren geben die Traditionen am Sechseläuten zu reden. Die SP unternimmt jetzt dazu einen Vorstoss im Kantonsrat. Bei den Zünften prüft man derweil rechtliche Schritte gegen die Juso.

Der Ausschluss von Frauen und braun geschminkte Männer in stereotypen arabischen Gewändern sei nicht mehr zeitgemäss, argumentieren die Sozialdemokraten. In zwei Anfragen an den Regierungsrat sollen die Vorwürfe von Sexismus und Rassismus thematisiert werden. Die SP weist etwa darauf hin, dass die Zünfte erst ab 1950 zu exklusiven Herrenclubs wurden. Von Tradition könne keine Rede sein.

Der Forderung der Juso – der gänzlichen Abschaffung des Sechseläuten und der Zünfte – will sich die SP allerdings nicht anschliessen. «Ich finde den Umzug an sich schön, aber nicht, wenn 52 Prozent der Bevölkerung nur als Gäste oder auf Probe teilnehmen können», wird Kantonsrat Rafael Mörgeli von «20 Minuten» zitiert.

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Dass etwa in der Zunft zum Kämbel Brownfacing betrieben werde, sei für Mörgeli aber unverständlich. «Ich finde es ehrlich gesagt daneben», sagt er dazu. Da unter den Zünften immer wieder auch Mitglieder der Zürcher Regierung mitlaufen, wünsche sich der SP-Kantonsrat eine klare Stellungnahme des Regierungsrats.

Verwandlung in «stilgerechte Beduinen» als Zeichen der Wertschätzung

Wie die Zunft zum Kämbel auf ihrer Website schreibt, treffen sich ihre Mitglieder am Sechseläuten-Montag jeweils im Zunfthaus, um sich dort in «stilgerechte Beduinen» zu verwandeln. «Unsere arabische Kostümierung ist ein Zeichen der Wertschätzung der arabischen Kultur», sagt dazu Christian Bretscher, Zunftmeister der Zunft zum Kämbel.

Rassismus-Vorwürfe gegen diese Praktiken lässt Bretscher nicht gelten. Auch um kulturelle Aneignung – also die klischeehafte Wiedergabe einer bestimmten Kultur – handle es sich nicht. «Die positiven Reaktionen von Menschen aus dem arabischen Kulturraum auf unsere Kostüme zeigen, dass nicht der geringste Anlass besteht, etwas an diesen zu ändern», wird Bretscher zitiert.

Der Unterschied zwischen kultureller Aneignung und Wertschätzung liege für den Zunftmeister in der Haltung: «Wir machen uns über niemanden lustig und diskriminieren niemanden. Wir fühlen uns in der Zunft den arabischen Kulturen nicht überlegen, sondern verbunden.»

Mit den Rassismus-Vorwürfen der SP und der Juso sei allerdings eine Grenze überschritten worden, so Bretscher weiter. Sollten diese Vorwürfe direkt an die Zunft gerichtet werden, werde diese rechtliche Schritte prüfen.

(osc)

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 19. April 2023 08:02
aktualisiert: 20. April 2023 06:43