Hexenverfolgung
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Zürich Inside

Hexen und Hexer in Zürich

Nimmt man die mittelalterlichen Bewertungsparameter zur Hand, so haben wir auch heute reichlich Hexen unter uns. Doch damit ist nicht zu spassen, denn auch Zürich hat sich aktiv in die Hexenverfolgung eingebracht.

Nicht nur Kirchenfrevel oder Ketzer wurden verfolgt, sondern auch Menschen die sich seltsam bewegt haben. Randständige oder Menschen mit Behinderungen wurden von der Gesellschaft stigmatisiert, mit Vorwürfen und Anschuldigungen überworfen, um sie dann zur Rechenschaft zu ziehen.
Adelheid Düggeli aus Goldbach (heute Küsnacht) wurde grausam gefoltert, um ihr ein Geständnis zu entlocken. Sie solle einen Hagelsturm verursacht haben, weil sie einen Stein in den Bach geworfen hatte.
Überhaupt sticht Küsnacht, wie auch andere Gemeinden und Regionen hervor, die sich besonders intensiv um die Verfolgung von vermeintlichen Hexen bemüht haben. 1603 und 1622 fielen zwei weitere Frauen dem Hexenwahn zum Opfer und wurden hingerichtet. Teils auf Streckfolter zu Tode gemartert oder bei lebendigem Leib verbrannt. Meist ausgelöst durch in die Welt gesetzte Gerüchte und durch Mobbing.
79 Hexen und Hexer wurden in Zürich hingerichtet, von denen 23 vom Zürichsee stammten.

Facts & Figures zu Hexen in Zürich

  • Zwischen 1487 und 1701 wurden im Territorium des Stadtstaates Zürich 79 Personen (davon 5 männlich) wegen Buhlschaft mit dem Teufel und Gottesverleugnung zum Tode verurteilt. Bis 1606 ausschließlich durch Verbrennen bei lebendigem Leib, darnach zunehmend durch Verbrennung des Leibes nach erfolgter Enthauptung.
  • 1701 fand der letzte klassische Hexenprozess im Staat Zürich statt, bei dem eine sehr betagte Frau bei lebendigem Leib verbrannt wurde. Weitere Personen wurden in entsprechende Prozesse verwickelt, mussten aber mangels Geständnisses – meist auf Urfehde hin – wieder frei gelassen werden.
  • 1487 fand der erste Hexenprozess statt.
  • Das letzte Verhör wegen Hexerei fand in Zürich 1714 statt. Man schickte die angeklagten Frauen aber rasch wieder nach Hause und wies den Pfarrer des Dorfes an, die Seelsorge zu verbessern.
  • Regionen mit wenig Präsenz staatlicher Gewalt waren besonders anfällig für Hexenverfolgungen.
  • Im Herrliberger Fall von 1591 beispielsweise tat sich ein Einheimischer namens Hüsser als besonders treibende Kraft der Verfolgung hervor. Er sprach von so vielen Unholdinnen am See, wie in einer Herde Schafe.
  • 1701 wurden alleine in einem Jahr 8 Hexen wegen eines verhexten Ochsen hingerichtet. Der Ochse wollte den Pflug nicht mehr ziehen, das Bein eines Kindes schwoll unerklärlich an und die Haare einer Bäuerin waren plötzlich voller Läuse. Vor allem im Unterdorf glaubte man die Ursache zu kennen: Frauen aus der Familie des Rutschmann Hans schienen der Hexerei zu verfallen. Die Verdächtigen wurden unter Folter zu Geständnissen gezwungen und schliesslich enthauptet und verbrannt.
  • Viele Hexen gab es auch im Rafzerfeld und in der Herrschaft Wädenswil. Zwei Gebiete, die damals erst über ein Burgrecht mit Zürich verbunden waren. Hexenprozesse mussten damals als geeignetes Mittel erscheinen, um die stadtzürcherische Herrschaft zu festigen.
  • Die Folterungen haben im Gefängnisturm «Wellenberg», der damals in der Limmat etwa auf der Höhe des Bauschänzlis stand, stattgefunden.
  • Adelheid Muggli aus Männedorf wurde 1589 zehnmal ohne Gewichte und je zweimal mit mehreren Gewichten der Streckfolter unterworfen, bevor sie gestand.
  • Elsbetha Bünzli aus Uster warf man 1656 angebliche Unzucht mit dem Teufel vor. Dafür kam sie 16 Mal auf die Streckfolter, davon fünf Mal mit vier Gewichten. Sie wurde praktisch zu Tode gefoltert und gab zu Protokoll, sie würde gerne gestehen und den Tod auf sich nehmen, wenn sie nur wüsste, was für ein Geständnis von ihr verlangt werde.
  • Catharina Baumann von Maschwanden kam 1660 viermal auf die Streckfolter, dann wurde sie auf mit Nägeln versehene Bretter gefesselt, erst sechs, dann sieben Stunden lang. Die unvorstellbaren Schmerzen führten zu Wahnvorstellungen, so dass nicht einmal mehr ein «ordnungsgemässes» Verhör möglich war.
  • Margreth Bucher aus Dägerlen hatte man 1487 versprochen, sie bei einem Geständnis nicht zu foltern und leben zu lassen. So gestand sie, Pferde vergiftet, aus einem Axtstiel Milch heraus gemolken und jahrelang Beischlaf mit dem Teufel gepflegt zu haben. Das Gericht hielt sich an das abgegebene Versprechen und liess sie nicht verbrennen, sondern lebendig einmauern. Durch ein kleines Luftloch wurde ihr täglich etwas Essen hineingereicht. Nachdem sie gestorben war, wurde ihr Leichnam verbrannt, um die leibliche Auferstehung am Jüngsten Tag verhindern zu können.
  • Die 1595 hingerichtete Elsbetha Neeracher aus Bachs stand schon seit 40 Jahren im Verdacht, eine Hexe zu sein, bis sie schliesslich mit Hilfe der Folter «überführt» werden konnte.
  • 1624 hatte sich die betagte Magdalena Jäger aus Embrach selbst ans Gericht gewandt, um sich vom Ruf, sie sei eine Unholdin, freisprechen zu lassen. Es konnte gefährlich sein, eine solche Anschuldigung auf sich sitzen zu lassen. Das Verfahren kehrte sich aber gegen sie, und unter der Marter gestand sie die Verleugnung Gottes und den Beischlaf mit dem Satan, was zum Tod auf dem Scheiterhaufen führte.
  • Der 1654 hingerichtete Rudi Schäppi aus Horgen war geburtsgeschädigt und geistig behindert, so dass man ihm seine «Verbrechen» leicht einreden konnte.
  • Elsa Mock aus Herrliberg nahm alle Schuld auf sich, um das Leben ihrer Töchter Barbara und Anna Knupp zu retten. Vergeblich, denn auch diese wurden ein Jahr später bei lebendigem Leib verbrannt.
  • 1588 wurden neben Salome Leser und Adelheid Pünter noch vier weitere Stäfnerinnen gefangen und gefoltert: Trina Meyer, Barbel Pünter, Anna Pünter und Ita Pünter (die Tochter von Adelheid Pünter). Anna Pünter beging im Kerker Suizid, um weiteren Martern zu entgehen.

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Foto: Zur Verfügung gestellt
Quelle: Radio 24
veröffentlicht: 21. Juni 2019 09:38
aktualisiert: 21. Juni 2019 09:38