Trans Frau und Siegerin von Zuricrit sagt Teilnahme ab
Für Fans von Fixie-Bikes ist das Zuricrit ein fixer Termin im Kalender. Am 17. August machen die Teilnehmenden am Kriterium-Radrennen wieder Zürichs Strassen unsicher. Auf den ersten Platz radelte letztes Jahr Kiana Gysin. Für das kommende Fixed-Gear-Criterium hat die trans Frau jedoch abgesagt.
«Wegen unvorhersehbarer medizinischer Gründe war mein Testosteronspiegel erhöht. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, dieses Jahr in der Frauenkategorie des Rennens nicht teilzunehmen», teilte sie auf Instagram mit.
«Werde eine Rennpause einlegen»
Es gebe nur wenig Forschung über Transgender-Sportlerinnen und -sportler, schrieb Gysin weiter. Laut aktuellen Erkenntnissen bestehe aber Cis-Frauen gegenüber kein merklicher Vorteil, wenn der Testosteronspiegel über längere Zeit unter einen bestimmten Wert gesenkt werde. «Da dies bei mir nicht mehr der Fall ist, werde ich eine Rennpause einlegen.»
Danach bedankt sie sich für alle Freunde, die sie dabei kennengelernt hat und freut sich, sie an der Zuricrit anzufeuern.
Die Mitteilung leitete sie mit einem Blick auf die Organisatoren von Fixed-Gear-Criteriums ein. Diese hätten oft keine Richtlinien, was die Anforderungen von trans Sportlerinnen und Sportlern betreffe. Als Grund dafür nennt sie mangelnde Kenntnisse, die Schwierigkeit, solche Massnahmen umzusetzen und fehlende Ressourcen, da die Organisatoren die Rennen unbezahlt veranstalten.
Hass nach Sieg
Der Gewinnerin schlug letztes Jahr viel Hass entgegen. Manche Leute bezeichneten sie als «Cheater» und warfen ihr Betrug vor, da sie als Mann geboren wurde und am Zuricrit in der Frauenkategorie antrat. So tauchten auch Fragen auf wie: «Ist es okay, wenn ein Mann einen Frauen-Event gewinnt?». Jemand forderte Frauen auf, nicht mehr teilzunehmen, wenn ein Kerl dabei sei.
Die Organisatoren des Zuricrit hätten die trans Frau gerne wieder starten lassen. «Wir bedauern, dass Kiana Gysin als bisher einzige Zürcher Siegerin nicht zur Titelverteidigung antreten wird», sagt Tim Keller.
Keller verteidigt die Teilnahme von trans Frauen in der Frauenkategorie. «Für die Fixed-Gear-Rennen gehen wir davon aus, dass sich die Teilnehmenden in jener Kategorie anmelden, in welcher sie sich zuordnen.» Die Selbstregulierung funktioniere in diesem Bereich gut, wie das Beispiel von Kiana Gysin zeige. «In den Elite-Road-Rennen orientieren wir uns an den Reglementen des nationalen sowie internationalen Radsportverbandes.»
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Diesen Regeln zufolge liegt der Testosteron-Höchstwert neu bei 2,5 Nanomol pro Liter statt wie bisher fünf Nanomol. Um überhaupt für Radrennen der Frauen zugelassen zu werden, müssen die trans Athletinnen die 2,5 Nanomol pro Liter Blut über 24 Monate halten.
Sportarzt findet Absage korrekt
Kiana Gysin reagierte auf eine Anfrage der Redaktion nicht. Sportarzt Walter O. Frey findet ihre Absage korrekt. Er geht davon aus, dass die trans Frau ihre männlichen Drüsen noch besitzt und den Testosteronspiegel deshalb medikamentös senkt. «Um gegenüber Frauen keinen Vorteil zu haben, müsste sie ihren Testosteronspiegel während zwei bis drei Jahren nachweislich gesenkt haben», sagt er. Ansonsten entspreche ihr Leistungspotenzial demjenigen eines Mannes. «Sämtliche Fähigkeiten sind beim Velofahren dann weit über dem, was eine Frau je erreichen kann.»
Leistung steht beim Zuricrit nicht im Vordergrund. Es werde zwar Leistungssport betrieben, eine Rangliste publiziert und ein Podium zelebriert, sagt Tim Keller. «Als Veranstalter des Events mit über 10’000 Zuschauenden ist uns aber Spass, Unterhaltung, Sicherheit und Gesundheit für alle Anwesenden mindestens genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger.»