5,6 Sekunden soll die Ampel schon auf Rot gestanden haben, als der Unfallfahrer weiterfuhr. Dennoch wurde er freigesprochen.
Foto: Keystone
Rotlicht-Sünder

Zürcher Obergericht spricht vermeintlichen Unfallverursacher frei

Das Zürcher Obergericht hat einen vermeintlichen Rotlicht-Sünder freigesprochen. Der 37-Jährige war in Rümlang in einen Unfall verwickelt. Das Gericht kippt den Entscheid der Vorinstanz, weil auch auf der Spur des Unfallgegners ein Rotlicht missachtet wurde.

Eigentlich klingt die Sache klar: Der Beschuldigte hat eine Ampel passiert, die seit 5,6 Sekunden auf Rot stand. Doch daran gibt es Zweifel, wie das Obergericht in einem kürzlich publizierten Urteil festhielt.

Im fraglichen Zeitrahmen im November 2021 ist es an der Kreuzung innerhalb von wenigen Sekunden zu zwei Rotlichtmissachtungen gekommen. Im zweiten Fall wurde das Rotlicht auf der Spur des Unfallgegners um auch nicht unerhebliche 3,8 Sekunden missachtet. Der Beschuldigte hätte in diesem Fall seit 1,8 Sekunden Grün gehabt.

Gericht stützte sich auf seine Aussage ab

Der Polizeibericht schloss keine Variante als Ursache für den Unfall aus. Die Vorinstanz, das Bezirksgericht Bülach, verurteilte den Beschuldigten dennoch zu einer bedingten Geldstrafe von 30 mal 200 Franken. Dafür stützte sich das Gericht auf die Aussagen des Beschuldigten selber. Dieser sagte aus, schon von weitem gesehen zu haben, dass die Ampel auf Grün stand. Das würde dann heissen, dass er länger als 1,8 Sekunden eine grüne Ampel gesehen hätte, was ausschliessen würde, dass der Unfallgegner verantwortlich war.

Doch die Ampel könne er gar nicht so früh gesehen haben, hält das Obergericht nun fest. Denn die Strasse mache vor der Ampel eine kleine Rechtskurve und Bäume verhinderten zusätzlich die Sicht. Der Beschuldigte habe vom Moment, als es möglich war die Ampel zu sehen, wohl tatsächlich Grün gesehen, argumentieren die Richter.

Zu viele Zweifel

Es erscheine genauso plausibel, dass ein anderes Auto zuvor die erste Rotlichtmissachtung begangen habe. Und ebenso sei es nicht nur theoretisch möglich, dass der Unfallgegner danach das Rotlicht überfahren habe. Nicht zuletzt sagte dieser aus, dass er nicht hundertprozentig sicher sei, Grün gehabt zu haben.

Die Zweifel wiegen zu schwer: Der 37-Jährige wird freigesprochen. Er erhält gemäss dem rechtskräftigen Urteil eine Entschädigung für die Anwaltskosten von 11'382.80 Franken.

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(sda/baz)

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 29. Mai 2023 15:16
aktualisiert: 29. Mai 2023 15:17