Ernte-Debakel

Zürcher Importeur: «Marroni-Bauern sind am Boden zerstört»

Die Marroni-Ernte in Italien fällt dieses Jahr wegen der warmen Herbsttemperaturen dürftig aus. Für den Zürcher Importeur Kurt Mersiovsky ist das eine Hiobsbotschaft. Doch nicht nur er, sondern auch die Standverkäufer und Kunden sind unzufrieden.

Marroni sind in der aktuellen Jahreszeit heiss begehrt. Aktuell gehören sie jedoch zur Rarität. Denn die Ernte fand laut Kurt Mersiovksy, Geschäftsleiter Marroni-Handel Dietikon, dieses Jahr praktisch nicht statt. Der Zürcher importiert seit 50 Jahren Marroni aus Italien und beliefert damit rund 30 Stände in der Grossregion Zürich.

Bauern sind am Boden zerstört

«Wenn ich mit den Lieferanten und den Bauern in Italien spreche, dann sind alle am Boden zerstört, weil es praktisch keine Marroni gibt dieses Jahr», erzählt Mersiovsky gegenüber ZüriToday. Schuld am Marroni-Debakel seien die ausserordentlich warmen Herbstmonate September und Oktober. «Viele Marroni an den Bäumen sind verdorrt und kaputt gegangen.»

Kurt Mersiovksy importiert seit 50 Jahren Marroni aus Italien und kämpft derzeit mit einer schlechten Marroni-Ernte.

Foto: Marroni-Handel Dietikon

Nach den letzten ertragreichen Erntejahren, sah es auch dieses Jahr zuerst vielversprechend aus. «Als ich Anfang September in Italien angerufen habe, sagten alle es sähe gut aus. In den Wälder habe es schöne Ware», so der Marroni-Importeur. Doch dann kam alles ganz anders.

Dezember ohni Marroni droht

«Die Ernte ist in ganz Europa schlecht.» So falle sie auch in Portugal dürftig aus. Vor neun Jahren war sie wegen des Gallwespen-Befalls in Italien ähnlich schlecht. Doch damals konnte Mersiovsky noch auf die reiche Ernte in Portugal zurückgreifen und den Verlust abfedern.

Im Moment gebe es in Zürich noch Marroni. «Die Frage ist aber, wie lange wir noch Marroni haben. Es kann sein, dass es im Laufe vom Dezember keine mehr gibt», prognostiziert der Zürcher Importeur. Der Ausblick scheint also düster.

Streit und Reklamationen bei Ständen

«Zum einen haben wir die Befürchtung, dass wir nicht durchalten können. Zum anderen sind die Import-Preise massiv höher als in anderen Jahren», sagt Mersiovsky. Dieser Preisanstieg wälze sich auch auf die Zürcher Käuferinnen und Käufer ab. «Zum Teil mussten die Marroniverkäufer auf den Strassen aufschlagen und verkaufen die Marroni nun teurer.»

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Auch sie sind unzufrieden. «Im Moment haben wir jeden Tag nur Streitereien und Reklamationen. Es ist niemand so richtig glücklich dieses Jahr», berichtet der Marroni-Importeur. Das habe schon im Oktober begonnen, als es warm war und nichts lief.

«Mehr Pilze als Hobbitfüsse»

Der warme Oktober hatte nicht nur Einfluss auf die Ernte in Italien, sondern auch auf den Appetit der Zürcherinnen und Zürcher. «Im Oktober hatten die Leute immer noch Sommer-Feeling und wollten nichts von Marroni wissen.»

Die Nachfrage sei nun gestiegen, doch immer wieder gibt es Beschwerden. Auch ein User auf Reddit hat die Marroni am Bahnhof Altstetten als bodenlose Frechheit betitelt. «Auch am dritten Marronistand am Bahnhof Altstetten konnte ich zwei Drittel nicht essen», so der User. Er konnte die Marroni nicht richtig schälen. Zudem hätten die Marroni «mehr Pilze als ein Hobbitfuss».

Auch mit dem hohen Preis war er unzufrieden. «8 STUTZ! Für dieses Geld könnte ich auch im Dolder essen gehen», schreibt er ironisch.

Teurer und schwierig zu schälen

Auch Kurt Mersiovsky bestätigt den Frust der Käufer. «Die Unzufriedenheit besteht, weil die Marroni deutlich teurer sind und man diese nur schlecht schälen kann.» Doch nicht nur der User spürte die schlechte Ernte am Portemonnaie, auch der Marroni-Importeur macht sich Sorgen.

Er rechnet mit schwerwiegenden Umsatzeinbussen. «Dreiviertel vom Oktober waren nicht mal die Hälfte der letzten Jahre und der Oktober ist eigentlich ein guter Monat für uns», sagt Kurt Mersiovsky enttäuscht.

Unerbittlich der Natur ausgeliefert

Marroni kann man nicht in der Fabrik herstellen. Man sei in diesem Geschäft der Natur unerbittlich ausgeliefert. Vertreiber versuchen nun ihre Marroni in der Türkei oder in Georgien einzukaufen. Trotzdem ist für Kurt Mersiovsky klar: «Es ist eine unerfreuliche Saison».

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 31. Oktober 2023 11:10
aktualisiert: 31. Oktober 2023 14:22