Lucy und Lena sind Freundinnen, Singles und Zürcherinnen.
Foto: ZüriToday
«Love, Lena, Lucy»

«Ich hatte Telefonsex, leider»

Wenn sich Lucy auf neue Wege wagt, will Lena das auch versuchen. Und so wagt sie ein Experiment, das sie für immer prägen wird. Nein, nicht im Guten…

Lucy, ich hab einen Scheiss gemacht. Vielleicht hat mich die Sexflaute getrieben, vielleicht war es der Vollmond, aber wahrscheinlich waren es vor allem die absolut genialen Gespräche am Stammtisch.

Was wir Girls uns alles zu erzählen haben...Herr der Ringe ist eine verdammte Kurzgeschichte dagegen. All diese schrägen Erlebnisse, komischen Begegnungen, Weirdos, Verzweiflungstaten, es ist schlicht herrlich. Aber:

Ich hatte Telefonsex. Leider.

Du kannst augenblicklich wieder aufhören zu lachen, ich spür deine Vibes bis hier. Denn, Lucy, es war - wie soll ich das in Worte fassen - das absolut Erbärmlichste, was ich je getan habe.

Letzten Samstag habe ich mal wieder einen Me-Abend gemacht. Ich habe gekocht, eine Flasche Wein geöffnet und mich gefragt, worauf ich eigentlich aktuell so Lust habe. Ok, boring, die Antwort lautete: Sex.

Gleichzeitig hatte ich aber keine Lust in den Tiefkühler namens Zürich rauszugehen und ich hatte auch keine Lust auf Dating-Apps oder Booty-Calls.

Und weil mich dieser Tiefkühlwinter langsam saumässig nervt, habe ich bitz an meine Reisen gedacht. Und da war er plötzlich. Er kam aus dem nichts, ich schwör! Der Moment, als ich auf einem Fluss in Laos, gefangen in einem alten Gummireifen, eine Frontalkollision hatte. Mit Jan aus Frankfurt.

Dieser herzige Deutsche und ich, es wurden so tolle, so ungezwungene und heisse Tage.

Es gab sogar schon Handys damals, haha. Ok, ich komme zum Punkt. Jan und ich sind immer noch Insta-Friends und ich fand es eine Top-Idee, ihm zu schreiben.

Jan schrieb zurück. Sofort.

Da ich zu diesem Zeitpunkt schon viel von der Weinflasche intus hatte, schlug ich einen Anruf vor. Jan war auch da sofort dabei (hätte ich schon misstrauisch werden sollen?).

Das Gespräch war schräg und doch irgendwie wow. Jan war nicht mehr herzig und unschuldig, er war fordernd und direkt. Und so nahm das Elend seinen Lauf.

Jan wollte wissen, was ich trage, wollte, dass ich es ausziehe...und ich fand so:

Hey, warum nicht Sex ohne Sex haben?

Jetzt hätte ich dir eigentlich gerne ein Transkript des Gesprächs geliefert, aber es geht schlicht nicht. Ja, es waren echt ein paar heisse Momente dabei, aber es eskalierte schneller als ich mir Wein nachschenken konnte.

Es gab doch vor Jahren diesen ganz Typen aus der Ostschweiz, der Pornos synchronisieren wollte. Ich glaube, es reicht, wenn ich sage: “Ho, jo, geil.”

Genau das tat Jan. Irgendwann vergass er wohl sogar, dass ich auch noch am Telefon war. Er lieferte einen absolut abartigen Wort-Stöhn-Geräusche-Schwall und ich dankte mir selber und dem Universum, dass wir keinen Videocall gestartet hatten. Und dann drückte ich die rote Taste.

Ich drückte auch noch viele andere Tasten, weil er natürlich konstant wieder anrief.

Hilfe, was habe ich getan? Jetzt muss ich den herzige Jan, der gar nicht mehr herzig ist, ghosten und noch viel schlimmer: Ich muss jemanden finden, der meine Erinnerungen löscht.

Die Bilder und die Töne müssen weg, dringend!

Lucy, kann dein Schamane da vielleicht helfen? Bitte?

In tiefster Verzweiflung und irgendwie auch beschämt, deine Lena

Ps. Jan, wenn du das liest: Sorry für alles. (Aber bitte mach einen Kurs oder was auch immer...das geht nicht so, nie, nirgends, mit niemandem)

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 2. Februar 2023 16:00
aktualisiert: 9. Februar 2023 14:20