Auf dem Platz vor dem Sihlcity wurde eine Gruppe FCZ-Fans auf P. aufmerksam. Dieser hat laut Staatsanwaltschaft mit seinem «White Lives Matter»-T-Shirt offenbar bewusst provozieren wollen.
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Zürcher Bezirksgericht

«Gewaltfantasien wahrgemacht»: 24-jähriger Trump-Anhänger steht vor Gericht

Der Zürcher beschädigte Bäume im Rieterpark, rief zur Gewalt auf Twitter auf und tötete schliesslich fast einen 18-jährigen FCZ-Fan im Sihlcity. Jetzt ist der Prozess am Bezirksgericht gestartet.

Am Donnerstag stand Karol P. vor dem Zürcher Bezirksgericht. Die Staatsanwaltschaft legt dem 24-Jährigen zehn verschiedene Straftaten zur Last: Drogendelikte, Sachbeschädigung, Diebstahl und vor allem versuchte vorsätzliche Tötung. Seit bald einem Jahr befindet sich P. in Sicherheitshaft, weil das Gericht ihn als gefährlich einstuft. Dies berichtet der «Tages-Anzeiger» am Donnerstagabend.

Mehr Drogen während Corona

Offenbar verstärkte sich der Drogenkonsum von P. während der Corona-Pandemie. Er konsumierte Marihuana, Thai-Pillen, Speed und Crystal Meth. Er stalkte seine Ex-Freundin und suchte im Internet nach Begriffen wie «Amoklauf», «Gewalt» oder «Vergewaltigung».

Er wurde ein glühender Trump-Anhänger. Im Frühling 2020 setzte er Hass-Tweets gegen Linke, Ausländer, Homosexuelle und Feministinnen ab, für die er sich nun vor Gericht verantworten muss. Auch verherrlichte er Amokläufer wie Anders Breivik auf Twitter.

P. beschädigte Bäume im Belvoir- und Rieterpark

Im Juni 2021 bestellte sich P. im Internet eine Machete und fuhr mit seinem Bruder zusammen mitten in der Nacht in den Belvoirpark und in den Rieterpark. Dort beschädigten sie mit der Waffe eine junge Buche und eine 150 Jahre alte Linde. Die Tat sorgte damals für Schlagzeilen.

Ein paar Wochen später zog Karol P. sich das T-Shirt mit der Aufschrift «White Lives Matter» an, die in den USA von weissen Rassisten gebraucht wird. Damit ging er ins Einkaufszentrum Sihlcity. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass P. dort gezielt provozieren wollte.

Konfrontation mit FCZ-Fans

Prompt stand eine Gruppe von FCZ-Fans vor dem Coop. P. ging mit seinem T-Shirt an ihnen vorbei in den Laden, wo er sich ein Rüstmesser und eine Flasche Wasser kaufte.

Als er das Einkaufszentrum wieder verliess, folgte ihm die Fangruppe. Auf der Utobrücke kam es dann zur Konfrontation. Wie der Konflikt ablief, ist umstritten.

Sicher ist, dass P. mit dem Rüstmesser fünfmal auf den Wortführer der Gruppe ein stach, einen 18-jährigen KV-Lehrling von der Goldküste. Dieser brach lebensgefährlich verletzt zusammen. Nur mit viel Glück und nach zwei Notoperationen überlebte er die Attacke.

«Es ist wichtig, dass man gegen Rassisten in der Gesellschaft aufsteht.»

Der schwer verletzte junge Mann hat sich mittlerweile von den Verletzungen physisch fast vollständig erholt. Obwohl ihn sein Verhalten beinahe das Leben gekostet hat, bereute er sein Handeln nicht: «Es ist wichtig, dass man gegen Rassisten in der Gesellschaft aufsteht.»

Der Verteidiger von P. plädierte auf Notwehr. Er verlangte einen Freispruch.

(lol)

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 17. Juni 2022 09:58
aktualisiert: 17. Juni 2022 10:11