Viele Lücken

Einige Sechstklässler trauen sich nur mit Büffelkursen in die Sek

Eine Anbieterin aus Bassersdorf stellt bei Schülerinnen und Schülern der sechsten Klasse eine auffällig hohe Nachfrage nach Sek-Vorbereitungskursen fest. Vor allem in der Mathematik hapere es, sagt sie. Grund dafür sind verschleppte Defizite.

Der Schritt von der Primarschule in die Oberstufe ist gross. Für manche Sechstklässlerinnen und -klässler ist er aber so gross, dass sie sich auf den Start in der Sek A oder B speziell vorbereiten. Etwa in der Region Bassersdorf ist die Nachfrage nach Büffelkursen für die Sekundarschule so hoch wie nie zuvor.

Kristina Brühlmann bietet in «Kristinas Lernstudio» seit Jahren in den Sommerferien Intensiv-Vorbereitungskurse für die Sekundarstufe an. «Dieses Jahr fiel mir auf, dass sich aussergewöhnlich viele Eltern danach erkundigten, ob ich die Kurse auch in diesen Sommerferien wieder anböte», sagt Brühlmann zu ZüriToday.

Schulschliessungen mit Folgen

Im Frühling 2020 waren die Schulen wegen der Pandemie wochenlang geschlossen. Eine Studie, die im Januar im Fachblatt «Nature Human Behaviour» erschien, kam zum Schluss, dass Schülerinnen und Schüler in der Schweiz wegen Corona zwei Monate im Lernrückstand waren. Das grosse Interesse an den Büffelkursen für den Start in die Sek führt Kristina Brühlmann auf die Lerndefizite zurück, die bei vielen Kindern entstanden.

Die coronabedingten Schulschliessungen haben die Schülerinnen und Schüler, die im Sommer in die Sek wechseln, in einer heiklen Phase getroffen. Brühlmann: «Sie waren 2020 gerade in der dritten Klasse – auf einer Stufe, in der wichtige Grundlagen vermittelt werden.»

Manche Kinder haben laut Brühlmann während der acht unterrichtsfreien Wochen mit der Unterstützung erwachsener Personen sehr viel zu Hause repetiert und an den neuen Themen weitergearbeitet. «Andere Kinder haben kaum etwas für die Schule gemacht.»

«Einmaleins sitzt nicht»

Die Nachhilfe-Lehrerin stellt fest, dass die Sechstklässlerinnen und Sechstklässler insbesondere im Fache Mathematik Lücken aufweisen. «So sitzen zum Beispiel das Einmaleins und die Masseinheiten nicht.» Grosse Mühe hätten diese Schülerinnen und Schüler zudem bei Satzaufgaben.

Der Gedanke, nach den Sommerferien, in der Sek die Schulbank zu drücken, setzt laut Brühlmann viele der Kinder unter Druck. Grund dafür seien aber nicht nur die Defizite, die sie aufholen wollten.

Die verschiedenen Stufen seien viel durchlässiger geworden, erklärt Brühlmann. In der Probezeit in der Oberstufe gebe es seit rund drei Jahren deutlich mehr Wechsel. «Anders als früher fallen in der Probezeit mehr Kinder von der Sek A in die Sek B.»

Manche Kinder besuchen laut Brühlmann die Vorbereitungskurse, weil sie befürchten, abgestuft zu werden, können sie sich während der ersten Wochen in der Oberstufe nicht beweisen. «Andere wiederum sehen in den Vorbereitungskursen eine Chance, in der Probezeit von der Sek B in die Sek A zu wechseln.» Neben dem Repetieren des Schulstoffs gehe es ihr in den Kursen auch darum, den Kindern etwas Druck und Angst zu nehmen.

Zürcher Lehrerverband beschwichtigt

Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) beschwichtigt. Es gebe vereinzelt Primarschülerinnen und -schüler, die bis heute wegen der Pandemie mit schulischen Defiziten kämpften, bestätigt ZLV-Präsident Christian Hugi. Davon seien nach den Erfahrungen des ZLV nicht nur oder insbesondere Schülerinnen und Schüler der derzeitigen sechsten Klassen betroffen. «Für die damaligen Fünft- und Sechstklässler zum Beispiel fielen die Schulschliessungen in eine sehr heikle Phase.» Diese seien kurz vor dem Übertritt in die Oberstufe gestanden.

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Laut Hugi handelt es sich bei Schülerinnen und Schülern mit coronabedingten Wissenslücken im Kanton Zürich um eine Minderheit. «Es war schade für jeden Tag, an dem die Schule geschlossen sein musste. Im Grossen und Ganzen konnten die Schulen aber viele Defizite ausgleichen.» Dies sei gelungen, weil sich alle Akteure darum bemüht hätten, den Schülerinnen und Schülern die entsprechende Unterstützung zu bieten, wie es der ZLV auch gefordert habe.

Der ZLV-Präsident befürchtet auch nicht, dass Sekschülerinnen und -schüler, die Vorbereitungskurse besucht haben, in der Sek zu Überfliegern werden und dadurch der Leistungsdruck in den Klassen steigt. Er betont: «Die Schule hat den Auftrag, alle Schülerinnen und Schüler auf ihrem Niveau zu fordern und fördern.»

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 30. Mai 2023 07:59
aktualisiert: 30. Mai 2023 15:22