Quelle: Erneuter Prozess gegen Straftäter Brian / ZüriNews vom 30. Oktober 2023
Brian kommt trotz Verurteilung in zwei Tagen frei
Im aktuellen Prozess wurden Brian über 30 Delikte vorgeworfen, die er hinter Gittern begangen haben soll. Beim schwersten neu angeklagten Delikt, einer versuchten schweren Körperverletzung, soll Brian eine Glasscherbe in Richtung eines Aufsehers geworfen haben. Von diesem Vorwurf wurde Brian jedoch freigesprochen.
Schuldig gesprochen wurde er hingegen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigungen, Drohungen und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Trotzdem kommt der 28-Jährige am Freitag nach sieben Jahren auf freien Fuss – unter Auflagen. Zum Beispiel darf er sich dem Gefängnis Pöschwies nicht nähern.
Weitere Sicherheitshaft ist nicht mehr verhältnismässig
Der Richter erklärte zudem, dass es unverhältnismässig sei, Brian nun noch länger in Haft sitzen zu lassen. 73,5 Monate habe er nun schon in Sicherheits- und U-Haft abgesessen. Gemäss Urteil liege dies in zeitlicher Hinsicht bereits in der Nähe der maximal zu erwartenden Gesamtstrafe der pendenten Verfahren. Das heisst: Es dürfte gar keine Strafe mehr übrig bleiben, die er absitzen könnte.
Zudem musste Brian eine konventionswidrige und unmenschliche Behandlung erdulden und hat mit seiner Verteidigung ein Konzept ausgearbeitet, bei dem er im Fall einer Haftentlassung von einem Sozialpädagogen begleitet und unterstützt wird.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann noch ans Obergericht und ans Bundesgericht gezogen werden.
Trotz guter Führung
Auch wenn sich Brian in den letzten zwei Jahren Haft unauffällig verhalten hat, forderte der Staatsanwalt Ende Oktober «für eine Liste von Bagatelldelikten» eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sieben Monaten. Für den Anwalt von Carlos, alias Brian, sei das völlig überrissen. «Der Staat führt Krieg gegen Brian, weil er seine Andersartigkeit nicht akzeptieren kann.»
Das Anwaltsteam fordert die Freilassung sowie eine finanzielle Wiedergutmachung, die unter Umständen in die Millionen gehen könnte. Die Anwälte beziehen sich dabei auf Präjudiz-Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR. Gemäss diesen wird jeder Tag Folter mit 2000 Franken entschädigt. Für die Anwälte stellt die Isolationshaft über eine so lange Zeit klar Folter dar.
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Persönliche Entschuldigung vom Chef
Darauf reagierte der Ex-Gefängnischef und entschuldigt sich mit einem Brief bei Brian für das «Unrecht, das Ihnen unter meiner Verantwortung angetan wurde». Er schreibt weiter von der Verletzung seiner Menschenrechte, zu langer Einzelhaft und Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, die Manhart mitverantwortet habe. Er beendet das Schreiben mit dem Satz, dass sich Brians Wünsche und Träume endlich erfüllen mögen.
Der ehemalige Leiter des Justizvollzugs trat 2019 unter unklaren Umständen von seinem Amt zurück. Er äusserte bereits früher Kritik an den Zuständen in Gefängnissen. Der Vollzug sei zu sehr auf Sicherheit fokussiert, was «unbequemen Gefangenen» öfter Probleme beschere. Durch disziplinarische Massnahmen werde ihre Haft dann verlängert.