Quelle: ZüriToday / Angela Rosser / Rochus Zopp

Zwischen Poker und Blackjack

Direktor vom Casino Zürich erklärt «die sichere Seite»

Im Casino Zürich kam es vor einiger Zeit zu einer Handgreiflichkeit unter Gästen. Warum das eine absolute Ausnahme war, wie solche Situationen gehandhabt werden und was es alles braucht, um in einem Casino zu arbeiten, zeigt ein exklusiver Blick hinter die Kulissen.

Hoch oben neben der Sihl stehen die Roulette-Räder um 9 Uhr am Mittwochmorgen noch still und das Putzpersonal bringt die letzten Automaten auf Hochglanz, bevor das Casino Zürich um 11 Uhr seine Tore öffnet. Geöffnet hat das Casino sieben Tage die Woche bis vier Uhr morgens, am Wochenende sogar bis um sechs.

Die ganze Koordination rund um die Sicherheit der Gäste und der Angestellten sowie die zuverlässige Betreuung verlangt höchste Konzentration und Leidenschaft bei den Mitarbeitenden. Wie es ist, in einem solchen Unternehmen zu arbeiten, was es dazu alles braucht und wo die Herausforderungen liegen, erklären Direktor Marcus Jost, Guest Relation Manager Jens und Leiter der Sicherheit Sabas.

Wie kommt man überhaupt in die Branche?

Jens: Bei mir wars Zufall. Ich habe mich 1997 in Hamburg bei einer Spielbank beworben als Croupier, habe eine Roulette-Ausbildung gemacht und wurde unter 200 anderen Bewerbern ausgesucht. Da hats mich gepackt und ich sage immer, das ist mein Traumjob, von dem ich nicht wusste, dass es mein Traumjob ist. Es ist einfach eine so faszinierende Welt und da bin ich reingerutscht.

Marcus Jost: Bei mir hats nochmals früher angefangen, das war 1987 und ich dachte, «ich schau mir das mal an» und habs dann wirklich lieben gelernt. Also auch das Leben, was damit zusammenhängt. Man hat zum Beispiel am Tag eher frei, ist dafür aber am Wochenende mal eingespannt. Das ist ein ganz anderer Lebensrhythmus, aber wie ich finde auch ein ganz spannender.

Sabas: Ich arbeite seit über 20 Jahren in der Sicherheitsbranche, davon zehn Jahre in der Schweiz und zehn Jahre im Ausland. Es macht mir Freude, unseren Gästen ein sicheres Umfeld zu bieten und ich fühle mich hier sehr wohl.

Wie wird man Croupier?

Jens: Die Kurse machen wir hier intern. Der Blackjack-Kurs zum Beispiel, der am 1. April startet, dauert vier Wochen. Da hatten wir auch eine grosse Anzahl an Bewerbern, unter denen wir einige ausgewählt haben. Wir hoffen dann, zehn neue Croupiers bei uns begrüssen zu dürfen.

Was sind die grössten Herausforderungen im Umgang mit Gästen?

Jens: Wir haben da ganz unterschiedliche Gästegruppen. Vormittags kommen vermehrt ältere Leute oder auch Banker, die sich ihre Mittagspause versüssen wollen zu uns, und am Abend dann eher die Ausgangsleute, am Wochenende dann sowieso. Das verschiedene Klientel ist auch das Schöne am Job. Vom Handwerker bis zum Prinzen ist hier alles dabei.

Jens ist Guest Relation Manager im Casino Zürich und arbeitet seit 1997 in der Branche.

Foto: Casino Zürich

Merkt man den Gästen an, wenn sie das erste Mal im Casino sind?

Jens: Ja, das kriegt man schnell mit, aber unsere Gästebetreuer:innen stehen sofort für Fragen zur Verfügung.

Marcus Jost: Ein Casino ist auf den ersten Blick schon etwas kompliziert, da prasselt sehr viel auf einen ein. Daher möchten wir schnell hilfreich zur Seite stehen.

Wird auch auf Menschen geachtet, die das Casino vielleicht etwas zu viel besuchen, oder ist das nicht euer Problem?

Marcus Jost: Doch, darauf achten wir natürlich. Wir sind verpflichtet, angemessene Massnahmen zu treffen, zum Schutz der Spielerinnen und Spieler vor Spielsucht und vor dem Tätigen von Spieleinsätzen, die in keinem Verhältnis zu Vermögen und Einkommen stehen. Jedes Casino in der Schweiz ist verpflichtet, Massnahmen zum Spielerschutz auszuüben, also ein Sozialkonzept anzuwenden.

Wie kann man sich dieses Sozialkonzept vorstellen?

Marcus Jost: In unserem Sozialkonzept regeln wir die notwendigen Schritte, um angemessen von den Gefahren des Geldspiels zu schützen. Es umfasst Massnahmen zur Prävention, der Früherkennung, für Abklärungen und schliesslich auch für Spielsperren. Unsere Mitarbeitenden werden geschult und wir arbeiten mit Fachstellen zusammen. Für uns ist Spielerschutz nicht nur ein Auftrag des Gesetzgebers, sondern auch ein verantwortungsvolles Anliegen und Aufgabe.

Anfang März kam es im Casino Zürich zu einer Auseinandersetzung zwischen Gästen. Wie ist das abgelaufen?

Sabas: Es hat damit angefangen, dass der Inspektor angerufen hat und um meine Präsenz gebeten hat. Der Täter hat den anderen Mann geschlagen und in dem Moment bin ich aufgetaucht und konnte den Aggressor vor evtl. weiteren Attacken abhalten. Das ging alles sehr schnell. Dann kamen meine Kollegen dazu und wir haben die Polizei gerufen.

Marcus Jost: Für uns war das eine Ausnahmesituation. Wir haben das so noch nie erlebt, dass eine verbale Auseinandersetzung in einer Handgreiflichkeit endet. Du hast das mal schön formuliert (zeigt auf Jens). Wenn zwei Männer sich an die Ehre packen, könne es dazu kommen, dass einer der beiden den Geduldsfaden verliere. Was sie aber genau zueinander gesagt haben, wissen wir nicht.

Jens: Als erstes: Das Personal ist ruhig geblieben, es waren auch noch andere Gäste anwesend, das wurde also alles sehr schnell und sehr sauber von Sabas und seinem Team gelöst. Das bedeutet auch, dass man den Täter schnellstmöglich vom Ort des Geschehens entfernt und ins Treppenhaus gebracht hat. Das Opfer wurde bei mir im Büro von einem weiteren Security erstversorgt. Dann wurden die Polizei und der Krankenwagen informiert, es wurden Aufnahmen gesichert und die Gäste wie auch Mitarbeiter gefragt, wie das Wohlbefinden nach diesem Zwischenfall ist. Draussen haben es wohl mehr Leute mitbekommen als drinnen.

Kommt so etwas häufig vor?

Jens: In Zürich habe ich so etwas noch nie miterlebt. Sticheleien gibt es immer wieder mal, aber dass es zur Handgreiflichkeit kommt, war eine Premiere.

Marcus Jost: Das Casino ist kein guter Ort Verbotenes zu tun oder gar handgreiflich zu werden. Wir müssen von jedem Gast den Ausweis einsehen und ihn scannen. Hinzu kommt die gesetzlich vorgeschriebene Kameraüberwachung. Wir können der Polizei immer eine gute Grundlage bieten, um Vorkommnisse aufzuklären. Das Casino Zürich ist grundsätzlich ein sehr sicherer Ort.

Und was ist mit Gästen, die gegenüber den Mitarbeitenden ausfällig werden?

Jens: Das kommt vor, ist aber auch sehr selten. Wie auch vorab erwähnt, sind die Mitarbeiter entsprechend geschult und immer mit der Security in Kontakt. Man merkt, wo sich etwas anbahnt und dann kann man schnell reagieren.

Nicht nur in Las Vegas sind Leute verrückt nach Glückspiel. Auch in Zürich kommen tausende zum zocken ins Casino.

Foto: imago images

Was für eine Rolle spielt hier der Alkohol? Muss man einigen auch mal einen Riegel schieben und das Getränk verweigern?

Jens: Ja, genau so siehts aus. Das ist eine Sorgfaltspflicht, die wir haben. Wenn Alkohol im Spiel ist, wird man enthemmter und leichtsinniger. Wenn das zu viel wird, schreiten wir ein. Wir sprechen mit der Person und dann gibts erst einmal einen Kaffee offeriert oder eine Cola.

Marcus Jost: Die Prävention beginnt schon am Eingang. Insbesondere am Wochenende achten wir auf alkoholisierte Gäste und verwehren den Eintritt.

Wie viele Sicherheitsleute sind an einem Abend im Einsatz?

Sabas: An einem Wochenende sind es fünf bis sechs. Unter der Woche drei bis vier.

Marcus Jost: Das Casino ist, wie gesagt zusätzlich 24/7 kameraüberwacht.

Kann man sich das wie im Film vorstellen, wo die Personen vor den Bildschirmen sitzen?

Marcus Jost: Ja, genau wie man das aus dem Film kennt. Dort sind mehrere Screens, viele Kameras und wachsame Mitarbeitende. Die Bilder und Daten verbleiben natürlich bei uns, sie werden nicht weitergeben und unterliegen dem Datenschutz.

Marcus Jost ist Direktor des Casino Zürich.

Foto: Casino Zürich

Wie viele Gäste besuchen täglich das Casino?

Jens: Am Wochenende sind es so 1700 täglich, unter der Woche sind es so 700.

Hat man selber überhaupt noch Lust, selber zu spielen?

Marcus Jost: Das gehört ein Stück weit zu unserem Beruf dazu, auch um zu sehen, was die Konkurrenz macht.

Jens: Fortbildung. (lacht)

Marcus Jost: Die Mitarbeiter in einem Schweizer Casino sind aber automatisch in allen Schweizer Casinos gesperrt. Also wir können nicht in der Schweiz spielen, im Ausland schon.

Also ist es eigentlich der falsche Job, wenn man gerne im Casino ist?

Jens: Man ist halt einfach auf der anderen Seite.

Marcus Jost: Oder auch auf der sicheren Seite. Da gibt es ein ordentliches Salär und das ist fix. Wenn man spielt, weiss man nie so genau, was dabei rauskommt.

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Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 21. April 2024 18:48
aktualisiert: 21. April 2024 18:48