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Foto: Keystone
Schweiz am Wochenende

Roger Federer gilt als Stil-Ikone – und neuerdings mag er es, zu polarisieren

Roger Federer gilt längt nicht mehr nur auf, sondern auch neben dem Tennisplatz als Stil-Ikone. Was er trägt, wird von Modeexperten rund um den Globus genau beäugt und meist bejubelt.

Wimbledon macht sich bereit. Wenn das mondänste Tennisturnier der Welt am 3. Juli aufschlägt, werden die Ränge blank geputzt sein, die Hüte der Damen sitzen und der berühmte Rasen die perfekte Länge über acht Millimeter aufweisen. Während der Rasenwart in London noch am perfekten Schnitt arbeitet, hat Roger Federer seine Matte bereits präpariert und sich von ein paar Zentimetern verabschiedet: Diese Woche präsentierte sich der Titelanwärter mit kürzeren Haaren.

Man muss im Geschichtsbuch viele Seiten zurückblättern, bis man auf eine Frisur stösst, die im Tenniszirkus für ähnlich viel Furore gesorgt hat. 1988 zog ein gewisser Andre Agassi mit wilder Vokuhila-Haarpracht alle Blicke auf sich. Sein Schnitt war allerdings um Längen auffälliger als jener, der Federer aktuell trägt – das «Tschüppeli» vorne erinnert an Tim aus der Comicserie Tim und Struppi. Und trotzdem beschäftigen sich Journalisten, Blogger und Kommentatoren seit Tagen mit der Frage, ob Federers Gang zum Coiffeur ein Punktegewinn oder -verlust bedeutet. Sogar in Australien, wo der Autor von news.com.au sich darüber den Kopf zerbricht, ob so eine «midlife crisis» aussehe, wenn man bereits einen Sportwagen besitze. Und wo eigentlich Mirka war, als das alles «passierte».

Nun, es war Mirka, Federers Frau, die ihn zum Haareschneiden überredet hat, wie Federer berichtete. Er trage seine Haare lieber länger, aber im Sommer sei das «auch mal gut».

Der perfekte Look in Paris

Roger Federers Frisur gibt aus einem bestimmten Grund zu reden: Längst gilt er nicht nur auf, sondern auch neben dem Tennisplatz als Stil-Ikone. Was er trägt, wird von Modeexperten rund um den Globus genau beäugt und meist bejubelt. Etwa von Stilguru Clifford Lilley im vergangenen Herbst, nachdem Federer die Fashionweek in Paris besucht hatte. «Er macht immer eine gute Figur», schwärmte Lilley. Federer wäre ein Traumkunde; «ich würde gerne mal mit ihm einkaufen gehen.»

Das wird wohl ein Traum bleiben. Längst hat der Tennisstar ein anderes Mode-Ass im Ärmel, dank dem er im Dezember 2016 vom Magazin «GQ» zum «Most Stylish Man Alive» gekürt wurde. Die Dame, die ihn berät, ist Anna Wintour. Die Chefin der amerikanischen «Vogue» ist mit Federer dick befreundet und gilt als die mächtigste Frau der Mode-Branche. Bei einem grossen Teil dessen, was der Maestro zu öffentlichen Auftritten trägt, soll sie mitmischen. Das Ensemble etwa, mit dem er im Oktober 2016 an der Modeschau von Chanel in Paris erschien, trägt ihre Handschrift: Anzug sowie Rollkragenpullover waren in Auberginenfarbe gehalten. Den Look perfekt machte eine Pilotenbrille. Und auch tags darauf setzte Federer auf einen «Rolli» in Marineblau. Denn Rollkragenpullover feiern ein Comeback. War in der «Vogue» zu lesen.

Der Junge und die Modequeen

Die Wintour und der Federer: ein ungleiches Paar. Sie die eiskalte Businessfrau, er der erhabene Athlet, der hin und wieder Emotionen zeigt. «Der Junge und die Modequeen», wurden sie bereits betitelt. Auf die Frage, was sie an Federer bewundere, antwortete Wintour einmal: «Seine Eleganz.» Auf dem Tennisplatz sei es, als ob man einer Hollywood-Ikone zuschaue. Und: «Ich kenne wenige Männer, die einen Prada-Anzug so gut tragen, wie er es tut.» So kommt es, dass Wundersames geschieht, wenn Wintour sich in der Nähe ihres Freundes befindet: Die Lady lächelt. Ja, sie lächelt. Bevor sie Federer kannte, kam das so gut wie gar nie vor.

Allerdings dürfte Wintour das Lachen kürzlich vergangen sein. Im Mai lud sie zur Met-Gala in New York. Inspiriert von Mirka’s neuerlichem Gucci-Spleen trug Federer einen Smoking des Modehauses – mit einer riesigen Kristallkobra auf dem Rücken. So gar nicht Wintour-Style. «Entweder mag man es, oder man mag es nicht. Ich wollte mal ein Risiko eingehen», sagte Federer. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber vielleicht sollte er in der Mode- und Frisursache in Zukunft wieder mehr auf Wintour hören und nicht auf seine Frau.

Von Rahel Koerfgen

Quelle: Schweiz am Wochenende
veröffentlicht: 18. Juni 2017 05:30
aktualisiert: 18. Juni 2017 05:30